Dienstag, 22. Juli 2014

Stadt, Land, Fluss


Die Schilddrüse könne es sein, meinte der Tierarzt - die Blutwerte würden darauf hin deuten, dass das fehlendes Hormon dem Pinscher den Schwung nimmt. Er wolle jedoch noch einen weiteren Parameter testen lassen, um sicher zu sein. Schlapp war er in letzter Zeit, etwas lustlos und traurig sah er meist aus. Dem wollten wir mal auf den Grund gehen. Möglicherweise wird er ja bald wieder zur Hochform auflaufen?


Pinscher mit großem Durst


Derweil sei frische Luft und Sonnenschein die beste Therapie befand ich, auch wenn es heute etwas heiß war. Der Regionalexpress nach Büchen war leer und die Klimaanlage funktionierte tadellos. Eigntlich hätte man gar nicht aussteigen mögen und die Landschaft weiter vorbei ziehen lassen. Der Schaffner kontrollierte einen jungen Mann mit Ohrstöpseln groß wie Kaffeetassen. Nein, der Fahrschein sei hier nicht gültig. Der Kartineur ließ ihn an der nächsten Haltestelle ungeschoren entweichen - wohl zu heiß für intensive Strafverfolgung.


Elbe-Lübeck-Kanal


Nur ein paar Meter sind es vom Bahnhof zum Elbe-Lübeck-Kanal. Wirtschaftlich derweil unbedeutend, jedoch fast malerisch, durch seine natürliche Vegetation in der Uferzone, in die norddeutsche Landschaft eingebettet. Gemächlich gehts zu und der Pinscher trabte lässig neben mir auf dem Uferweg. Leider streckte er auch heute recht früh die Segel und ich musste ihn wieder in den Fahrradkorb nehmen.


Palmschleuse


An der Palmschleuse bei Lauenburg rasteten wir im Schatten. Wenig spektakulär aussehend ist sie jedoch eines der wenigen Relikte des Stecknitzkanals, dem weltweit ersten Kanal, der eine Wasserscheide überwand. Man darf ihn getrost, ein technisches Meisterwerk der damaligen Zeit nenne. 5 Wochen dauerte im ausgehenden 14. Jahrhunder die Fahrt mit einem Salzkahn von Lüneburg nach Lübeck. Dennoch war der Transport auf dem neuen Wasserweg lohnend, denn die Prahmen, die Stecknitzkähne fassten ein Vielfaches einer Wagenladung und der Landweg auf der Salzstraße war nicht minder beschwerlich. Fast 500 Jahre wurde dieser Kanal benutzt, eher er vom Elbe-Lübeck-Kanal abgelöst wurde. 

Der weitere Weg ins mecklenburgische Boizenburg war in mehrfacher Hinsicht unattraktiv. Entlang der viel befahrenen B5, steil bergauf in schattenloser Mittagshitze radeln macht keinen Spaß. Am Hafen genehmigen wir uns ein Eis. Der Pinscher bekam Waffel mit Sahne und ich machte mich über das Kühle her. Die Stadt war tot,  restauriert und ausgestorben wie viele kleine Städte hier. Der Hafen liegt nichts nutz, Kräne die viele Tonnen zu heben vermögen, hatten nichts zu heben. Wir fuhren weiter auf dem Deich zwischen Sude und Elbe. Keine Menschenseele, der heiße Gegenwind trug uns den scheren Geruch von Sommerblumen und Gülle entgegen. An einem alten DDR-Wachturm machten wir kurz halt. Fledermäuse, Falken und Eulen sollten hier wohnen, so hat er doch noch eine gute Verwendung gefunden, dachte ich bei mir. Wir fuhren weiter und trieben dabei einen Schwarm Spatzen vor uns her.


Elbfähre Bleckede


Die kleine Fähre in Bleckede wird von einer Kapitänin sicher über den Strom gesteuert. In Personalunion ist sie auch Fahrkartenverkäuferin und Matrosin - bemerkenswert. Das letzte Highlight der heutigen Tour lag in Scharnebeck. Gestärkt mit Kaffee und Franzbrötchen beobachtete ich einige Male wie große Binnenschiffe quasi samt dem Kanal 38m den Geesthang hinauf oder herunder gehoben wurde und dann ihre Fahrt auf dem Elbe-Seiten-Kanal fortsetzten. 5.800 Tonnen Wasser und Schiff bewegt das Hebewerk bei jeder Fahrt, immer wieder ein spannendes Schauspiel und der Blick von der Besucherplattform über die Landschaft war grandios.


Schiffshebewerk Scharnebeck


Ab Lüneburg fährt der Metronom im Halbstundentakt nach Hamburg. Der nächste fuhr in 28 Minuten - 28 Minuten geschenkte Zeit, ich zog mir einen Kaffee am Automaten, setzte mich, streichelte den Pinscher und blinzelte in die Abendsonne. 

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