Freitag, 11. Dezember 2015

alleine



Der Pinscher hatte Fußweh, man konnte zwar nichts erkennen, aber offenbar hatte die scharfkantige Lava die kleinen Füßchen zerritzt. Nachts leckte er sich ständig und vermied zudem wenn möglich das Laufen. Frauchen wollte lesen und stricken, nur ich litt wie so oft an Bewegungdrang. 


Die Sonne schien, also startete ich allein. Gelernt hatten wir schon, man solle sich nicht zu viel vornehmen auf der steilsten Insel der Welt, also wollte ich ganz in der Nähe bleiben. Der Vulkan Teneguia war der letzte, der 1971 auf den Kanaren ausbrach und dabei unmengen flüssige Lava spie. Sein Krater war das Ziel - und das lag unten. Ich stieg über den Kamm des Sant Antonio und dann auf dessen Asche steil hinab ins Tal bis zu den Weinfeldern. Berge kleiner scharfer Lavasteinchen sammelten sich dabei in Schuhen und Socken, oftmals war es einfacher neben dem Weg her zu gehen. 


Am Fuß des Teneguia kam mit der Nikolaus entgegen -  zumindest sah er so aus. Zwei Stöcke, ein wehender schneeweißer Bart und eine rote Mütze. "It´s great, it´s real great. We were occupied by the russians, but now I can go everywhere...... this moutain is so great!" Er sei aus Litauen, aus Vilnius, und der Berg sei wirklich wirklich großartig, rief er noch im weggehen. Dies war dann auch der letzte Mensch dem ich in den nächsten zwei Stunden begegnen sollte.


Der Augstieg gestaltete sich ein wenig abenteuerlich. Mal gab es kletterpassagen, mal war der Grad schmal und es blies ein frischer Wind von der Seite. Der Blick auf die schwarzen Lavaströme ließ erahnen, welche Kräfte hier vor noch gar nicht so langer Zeit gewütet hatten. Es roch ein wenig nach Schwefel, aber recht bald stand ich auf dem Gipfel. Vor mir erkaltete Lava und der Riesige Ozean, hinter mir der deutlich höhere San Antonio -  kein Mensch, kein Tier, kein Geräuch außer dem sanft pfeigenden Wind. Ich ließ mich nieder, trank einen Schluck, kaute zwei Bananen und guckte aufs Meer, und guckte und guckte und guckte - nur ich alleine. Wie der Litauer schon sagte: So great!


Irgendwann nutzt alles nix - man muss zurück. Der Rückweg war beschwerlicher. Zwar hatte ich nicht wirklich Angst abzustürzen, aber es wäre sicherlich übel gewesen in der scharfkantigen Lava zu stürzen. Später führte der Weg über eine Wasserleitung und einem alten Lavafeld mit tiefen Spalten hinauf zu einem Fahrweg, der nahezu eben den San Antonio halb umrundete. Richtig anstrengend war dann noch einmal die Hauptstraße hinauf zu unserer Finka, hier ist die Straße so steil, dass man besser Stufen hinein gehauen hätte. Den Kameltreibergeruch wurde ich unter der Dusche problemlos wieder los. Lufttrocknen bei Sonnenuntergang auf der Veranda und dann Fisch! So great!



Dienstag, 8. Dezember 2015

Pinscher vom Lavagrill



Gleich nach dem Frühstück brachen wir auf, so gegen 13:00 Uhr. Fairerweise muss man sagen, dass wir herrlich in der Sonne saßen und den einen oder anderen weiteren Tee getrunken hatten. Auch wollten unsere beiden kanarischen Rieseneidechsen, die im Gemäuer hinter dem Haus leben versorgt sein, sie lieben Toastbrot und dann muss man eine Weile bewegungslos sitzen um die Tierchen nicht zu erschrecken.


Eine weite Anfahrt war also heute nicht mehr zu machen. Der Beschluss: einmal um den Krater des San Antonio, auf der Ostseite hinab bis zu den Salinas de Fuencaliente und am Krater des Teneguia vorbei wieder hinauf auf den San Antonio Vulkan. Ambitionierte 13,2 km - zu ambitioniert, wie wir schon nach wenigen hundert Metern merkten. Durch die Lockeren Lava- und Aschefelder ging es sich furchtbar schlecht und der arme Pinscher hatte seine liebe Mühe. Noch schlimmer war jedoch die Hitze der schwarzen Lava, die dem kleinen Tierchen mit seine kurzen Beinen zu schaffen machten. Knapp über dem Geröll mag es wohl an die 50° C gewesen sein. 


Auch Schatten gab es nicht und so beschlossen wir recht bald, die Rückreise mit dem Linienbus anzutreten. Schön war es natürlich trotzdem. Permanenter Blick auf den Ozean, in der Ferne die Vulkane auf El Hierro und La Gomera, im Osten der Lavastrom aus dem Teneguia, der, obwohl zuletzt 1971 ausgebrochen, so aussieht, als sei er gerade erst erkaltet und nur sehr zögerlich von quitschgrünen Pflanzen erobert wird. Weiter unten im Tal wurde schon Wein angebaut. Aufgrund der starken Winde wächst der Wein an der Südspitze La Palmas flach auf dem Boden und nicht an Reben und muss zusätzlich durch flache Mauern aus Lavastein geschützt werden.



Nach gut dreieinhalb Stunden und mehrfachem Befreien der Füße von Lava, die sich in den Wanderschuhen und Socken ständig sammelte waren die beiden Leuchttürme und die Saline in Faro de Fuencaliente in Sicht. Die Salinen sind die letzten, die auf den Kanaren noch in Betrieb sind. Das Salz ist rosa und schmeckt - salzig. Da wir noch eine gute Stunde Zeit hatte bot sich das Café bei den Salzbauern zum verweilen an.


Der Hund sei auf dem Arm zu halten, während der gesamten Fahrt -  oder ähnliches, knurrte der Busfahrer beim Einsteigen. Dem Pinscher gefiel diese Anordnung außerordentlich. Nach einer halben Stunde kurvenreicher Fahrt spie das Fahrzeug uns, zu unserer Freude fast vor der Haustür aus. Unsere neugierigen Nachbarn aus der Dromedarherde standen neugierig am Zaun und ließen sich gerne mit etwas saftigem Grün verwöhnen.


Hatte er nicht schon genug gelitten heute, der Pinscher? Zu Hause brach die Hölle los. Vom Lavagrill gleich unter die Dusche, den feinen Staub aus dem Fell spülen. Wer den Pinscher kennt, der weiß es gibt nichts furchtbareres als Wasser, aber in dem Fall konnten wir nicht davon absehen. Von Frauchen sorgsam trocken gerubbelt und in sein Handtuch gepackt gab es dann zur Belohnung einen grandiosen Sonnenuntergang Richtung Amerika, aber der Pinscher war schon eingeschlafen. 










Samstag, 5. Dezember 2015

Jesus erwartet Sie



Nein, der Satz stammt nicht aus einem Hochglanzprospekt der Zeugen Jehovas, sonder aus der Mail, die wir vom Vermietungbüro für palmerische Finkas erhielten. 


Furios hatte sich unser Haus am Meer von uns verabschiedet. Nach einem heißen, selbst die Palmerer sagen, es sei für die Jahreszeit viel zu warm, Dezembertag, den wir faul in der Sonne liegend, lesend, auf unserem Dach verbrachten, folgte ein herrlicher Sonnenuntergang mit von Saharasand gefärbter Luft und eine letzte tosende Nacht, in der die Brandung, die gegen den Felsen unter unserm Haus schlug, dieses regelmäßig zu erzittern vermochte. Vorbei - aber nicht so schnell vergessen. 


Heute wartete, wie bereits gesagt Jesus auf uns, der Vermieter dieses wundervollen alten, aber feinstens restaurierten und ausgestatteten kleinen Landhauses in den Weinbergen bei Los Canarios, am Fuß des San Antonio Vulkans, in Rufweite zum Kraterrand. Beruhigend erscheint, dass der Heilige Anton zuletzt 1677 Lava spuckte. Möglicherweise ist es ihm ja genehm, auch mit seinem nächsten Ausbruch noch eine weitere Woche zu warten. 


Die Finka indes ist ein Juwel. Der Pinscher enterte zielstrebig als erster den Wohnraum. Jesus hatte eine Schale frisches Obst bereit gestellt, für eine Flasche Weißwein aus seinem Hang gesorgt und das Innenleben der Behausung ordentlich weihnachtlich dekoriert. Neben Kerzen, Sternen, Muscheln und roten Tischläufern gefällt uns am besten das lebensgroße 3D Bild eines Engels am Schlafzimmerschrank, der einem ständig neugierig hinterher schaut. Häärrlich!





Mittwoch, 2. Dezember 2015

Vulkanien


La Palma ist ein Pulverfass. Betrachtet man ein Satellitenbild so fällt zunächst der Riesige Krater in der Mitte der Insel auf und bei genauerem Hinsehen die vielen "kleinen", also nur wenige hundert Meter hohen Krater. Einen solchen, einen recht neuen, aus dem vergangenen Jahrhundert, wollten wir heute besteigen.


26 Grad, windstill, sonnig, beste Voraussetzungen für den Aufstieg. Flachlandstelzen - gar nicht gut. Aus diesem Grund, und weil eingemauerte Bananenplantagen wenig erbauend sind, nahmen wir erst einmal das Auto. Genügend Höhenmeter um semtliche Anhöhen der nordeutschen Tiefebene in Folge zu erklimmen, würden dennoch heute übrig bleiben. Vorbei an Pferdekoppeln, Bernhardiener rechts, Dogge und Terrier links, Weinfelder (der liegt hier standartmäßig flach auf dem Boden) kämften wir uns hinauf bis zu Waldrand.


Dort fing die eigentliche Qual erst an. Fast drei Stunden schoben wir uns über einen in das Lavageröll geräumten Weg durch Kiefernwald in die Höhe. Der Pinscher, mit seinen kurzen Beinchen leistete meisterliches aber pro 100 Höhnenmeter mussten wir dennoch eine längere Pause einlegen. 


Belohnt wurden wir am Ende mit einer bizarren Landschaft aus Asche und Lava. Man konnte den Vulkan fast noch riechen. Als wir uns zu einer längeren Pause nieder ließen wärmte der schwarze Untergrund vorzüglich, was nicht nur dem Pinscher gefiel. 



Fast ein bisschen zu lange hatten wir den herrlichen Platz genossen, gepicknickt und in die Stille gelaucht. Hier oben gab es nichts, was hätte lärm machen können, nicht einmal Vögel oder Insekten hielten sich in der unwirklichen Umgebung auf. Beim Abstieg mussten wir uns sputen. Einmal mehr schneller als erwartet verschwand die Sonne hinter dem Horizont und es war schon Dunkel als wir das Auto erreichten.


Den tapferen Pinscher, der auf dem Abstieg ab und an bedenklich schwächelte, erwartete eine Riesenportion feinstes Rindfleisch. Nun liegt er auf dem Sofa neben mir und verdaut gemütlich schnarchend.