Montag, 15. August 2016

so wie früher






Nachdem ich zwei Tage sowohl Wetter, als auch Wetteraussichten beobachtet hatte, beschloss ich, das Wetter werde gut genug für einen Ausflug an die Ostsee. Richtig gemütlich sollte er werden, nicht weit, nicht schnell, selbstverständlich mit Pinscher und ohne Aufregungen. Keine Aufregung über den Fahrkartenautomaten der Bahn, der mir partout ein zu teures Ticket verkaufen wollte, nicht über die 30.000 brechreiz erregenden NPD und AfD Plakate die das schöne Mecklenburg verunstalten, Nicht über gruselige Radwege und auch nicht darüber, dass das zuerst angepeilte Café in Lüdersdorf heute Ruhetag hatte. Einfach so dahin gleiten und alles blöde dieser Welt ausblenden, so der Plan.





Den Pinscher hatte ich schon lange nicht mehr mitgenommen, nein, das schlechte Gewissen blende ich jetzt auch aus, ich wollte halt etwas rasen in den letzten Wochen, und Urlaub war ja auch. So zeigte das Tier dann auch recht wenig Interesse als es los gehen sollte und zog es vor unter Nachbars Balkon nach Mäuse Ausschau zu halten, so das ich sanften Druck ausüben musste, damit wir den angepeilten Zug nach Lübeck noch erwischen würden. Крузенштерн hatte ich am Wochenende geputzt, geölt, gefettet und die Reifen aufgepumpt. Hundetasche hinten drauf, die nötigen Kleinigkeiten in der Fahrradtasche verstaut konnte es los gehen. 


Von Lübeck aus gen Osten, über Schönberg und Dassow hinauf zur Ostsee, am Strand etwas abhängen, Niederegger besuchen und dann zurück nach Lübeck war der Plan. Die schlechteste Wurstbude der Welt ist pleite und dort wo ich sonst ganz gerne mal abhänge, auf dem Priwall gegenüber der Mole an der Tavemündung ist jetzt eine Großbaustelle. Mit wehenden Fahnen erreichte ich die Personenfähre hinüber nach Travemünde. Fahrkarte wurden nicht kontrolliert, das war gut, ich hatte nämlich keine.


Wie ich vermutet hatte war trotz Sommerferien am Strand nicht viel los. 18°C sind wenige einladend zum Baden. Zunächst zog es uns auf die Mole, später noch die Strandpromenade hinauf Richtung Niendorf. Ganz am Ende, wo es ruhig war, legten wir uns ins Gras. Der Pinscher puschelte rum. Eine Stunde würde ich ohne etwas zu tun liegen wollen, hatte ich mir vorgenommen. Welch ein Blödsinn? Hochleistungsnichtstun? Wie bescheuert ist das denn? OK, neuer Ansatz: Nur so daliegen, in den blauen Himmel schauen, die Wolken vorbei ziehen lassen, die salzige Luft einatmen, an nichts denken, nur ein- und ausatmen. Naja, fast hätte ich es drei Mal geschafft, dann übermannte mich der Gedanke an eine Marzipantorte. Immerhin hatte ich es versucht. 


Pinscherfreundlicher Platz bei Niederegger in der ersten Reihe. Auch hier war das nur fast perfekte Wetter und die fortgeschrittene Uhrzeit hilfreich. "Darf ich ihnen auch noch etwas bringen" fragte die Kellnerin im Vorbeigehen nach einer halben Stunde, die ich mit Schiffegucken und Pinscherkraulen verbracht hatte. "Wenn sie das "auch" und das "noch" weglassen, und vielleicht erst einmal den Tisch abräumen, werden wir uns sicher einig", antwortete ich für meine Verhältnisse freundlich. Wir wurden uns dann doch noch schnell einig, ich wollte schließlich unbedingt Marzipantorte. 


Von Travemünde nach Lübeck gibt es viele furchtbare Fahrradwege. Ich wählte heute den minderfurchtbaren Höhenweg über der Marina Baltica mit Blick auf Hafen und Stadt. Einzig der vom vielen Regen zerflossene Schotter störte das Behagen. Gelegenheit den Pinscher, wie früher, ein Stückchen laufen zu lassen. Er ging es mit Elan an, aber schon nach wenigen Metern knickten die Beine weg - blöde Arthrose. Trotzdem hatte ich den Eindruck, auch das Tier hatte eine gewisse Freude an diesem Ausflugstag.


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