Samstag, 3. September 2016

Schaalsee




Kamera vergessen! Kommt vor, macht aber nix, man hat ja sein Handy ständig dabei. Wieder zu Hause stellt man dann jedoch fest, das ist doch nicht das Gelbe vom Ei mit den Handyfotos. Zum Schaalsee sollte es heute gehen. Über dem tiefsten See Norddeutschlands lag Jahrzehnte lang die deutsch-deutsche Grenze. hervorragende Vorraussetzungen für eine intakte Natur. Seit einer ganzen Weile schon spielte ich mit dem Gedanken an diese Tour, wollte mir jedoch den entspannenden Effekt nicht von tausenden von NDP / AfD und anderen Unparteien aufgehangenen Wahlplakaten, anlässlich der anstehenden Landtagswahlen, nehmen lassen. Ob es hier wohl eine gut sortierte Antifa gibt? Von einigen Laternen grinst "Storch Heiner" in Vorfreude auf den Auszug der NPD aus dem Schweriner Landtag herab. "Sommerschlussverkauf - alles Braune muss raus" - wir wollen das Beste hoffen. 





In Bad Oldesloe sollte meine Tour starten. 28 Fahrräder am Hamburger Hauptbahnhof und eine gestresste Schaffnerin, doch man organisierte sich bestens und alle passten in die Regionalbahn. In Oldesloe regnete es vom blauen Himmel herab, das fühlt sich seltsam an, hört aber mit einer großen Sicherheit schnell wieder auf. Auf nach Osten, am Flughafen Lübeck Blankensee vorbei zur nördlichen Spitze des Ratzeburger Sees, Bei Utecht begegnet mir auf einem Feld eine Gruppe größerer Laufvögel - ungläubiges Kopfschütteln, auch ein paar Autofahrer halten an und beobachten das unwirkliche Schauspiel - hätte noch gefehlt, dass einer auf Merkel schimpft, wegen dieser Immigranten. 


In Kneese Dorf, dem Dorf mit dem schrecklichsten Kopfsteinpflaster auf der Hauptstraße, steuere ich zielstrebig den Forsthof an, ein wundervoll lebendiger Ort, an dem ich vor drei Jahren mit dem Pinscher zusammen, im Garten, bei leckerem Kaffee und Kuchen, eine nette Zeit verbracht hatte. Heute war da nur der Rauhaardackel des Hauses. Auf Nachfrage hieß es, der Kaffeebetrieb habe sich nicht gelohnt. Wie schade! Gut jedoch, wenn man noch weitere Zielpunkte auf der Liste hat. Zum Beispiel die Mosterei Kneese, die unser kleines Wohnprojekt in Hamburg schon seit geraumer Zeit mit  leckerem sortenreinem Apfelsaft aus dem Biosphärenreservat Schaalsee versorgt. Mein Geheimtipp: der Finkenwerder Herbstprinz - ein Apfelsaft wie ein Gedicht, es ist ohnehin unglaublich, wie unterschiedlich Apfelsaft schmecken kann. Die Saison 2016 hat gerade begonnen, die ersten Frühäpfel sind in der Presse und ich hatte Gelegenheit ein paar Sorten ganz frischen, noch nicht pasteurisierten, direkt aus dem Zapfhahn zu probieren.  Ich verabschiedete mich, das nächste Mal würden wir uns bei mir zu Hause sehen, mit dem Apfelsaftvorrat für den Winter. 


In Lassahn gab es endlich Kaffee und Kuchen, und das mit Aussicht auf den See. Der nächste Stopp war beim Fischer in Zarrentin. Frisch geräucherte Maräne aus den Tiefen des Sees passte gut verpackt als Mitbringsel in die Packtasche hinter dem Sitz. Und noch ein weiteres Mal hielt ich an, bei einem Bäcker, schon diesseits des Elbe-Lübeck-Kanals, wo es ein Stück Pflaumenkuchen im vorbeifahren durch die Schaufensterscheibe schaffe, mich anszulächeln. Da konnte ich nicht widerstehen. Geplantes Ziel meiner Schaalseerunde (schaal, wie steinig, ein slawisches Wort, wusste eine kluge Schautafel) sollte der U-Bahnhof Aumühle sein. Es rollte gerade gut, da kam es dann auf die letzten 25 km bis zu Hause auch nicht mehr an. Jeder Meter ist ein guter Meter, es gibt nichts gutes außer man tues und was Hänschen nicht lern......egal aus welchem Grund, ich bin dann doch lieber noch der untergehenden Sonne entgegen nach Hause geradelt. 

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