Dienstag, 28. März 2017

Ischia elektrisch



Nach suboptimalen Urlaubsbedingungen am gestrigen Tag, beschlossen wir heute das Ruder wieder selbst zu übernehmen. Um sieben klingelte der Wecker, ein Kaffee im Bett, das nötigste in den Rucksack und auf. Bevor der Baulärm uns hätte einholen können waren wir schon über den Berg und warteten im Hafen auf die Fähre nach Ischia. Auch das Wetter war wieder hold und die kurze Überfahrt ließ sich genießen.


Nachdem wir uns der Rückfahrmöglichkeiten kundig gemacht  hatten, was nicht ganz einfach ist, weil jeder der 37 Reedereien ihr eigenes Süppchen kocht und einen eigenen Schalter betreibt, wurde das Frühstücksradar eingeschaltet. Wir wurden fündig, Panini, Cappuccino, ein kleines Küchlein ihn Ehren - wunderbar. 

Nun lüstete es mich ein wenig nach Fahrrad fahren. Im Reiseführer wurde ein Verleih empfohlen den wir zeitnah ansteuerten. Keine Räder mehr da heute.....gab eine Dame uns zu verstehen. Nach einem kurzen Telefonat zauberte sie jedoch zwei ganz ansehnliche Exemplare auf dem Hinterhof. Ob denn der Akku für eine Inselumrundung reiche, fragte ich. "Nessun problema, nessun problema". Schnell noch etwas trinkbares organisiert, der Hund sollte noch mal pinkel, sollte....und auf ging es. Es war das erste mal, dass ich mich auf ein E-Bike eingelassen hatte. Ehrlich gesagt erfreute mich der elektrische Rückenwind bergauf ungemein, denn es ging auf der Insel richtig bergauf.



Nach knapp 10 Kilometern bergan sagte der Akku von Sabines Rad nicht mal mehr Puh! Einfach tot, von jetzt auf gleich. Bevor sich Resignation breit machte entschloss ich, wir werden reklamieren. Siehe da, es wurde sogar noch ein drittes eigentlich nicht vorhandenes Rad gezaubert und wir fuhren erneut bergan. 

Der Pinscher lag gemütlich in seiner Umhängetasche. Für den Fahrer nicht ganz so bequem, doch er reckte die Nase in den Luftstrom und genoss einfach. Nun, da er nicht mehr so lange in seinem Körbchen sitzen kann, ist das wohl die einzige Möglichkeit ihn beim radeln noch mitzunehmen. Pause auf dem Scheitelpunkt, Dose Cola, Blick auf Angela Merkels Osterurlaubsdomizil, sie lässt es sich wohl gut gehen, die Dame.


Wir sausten hinab nach Forio. Pause in der Fußgängerzone, der Kellner sprach deutsch. Cappuccino und Strudel bestellten wir und danach Cappuccino und Strudel. Man merkt also, er war lecker. Beim ersten Anstieg bekam auch Sabines zweites Rad Starallüren. Nichts ging mehr, auch diese Akku war eines plötzlichen unerwarteten Todes gestorben. Ganz Kavalier, wie es sonst gar nicht meine Art ist, bot ich an, das defekte Rad über den Berg zu bringen. Die 1.200 Trainingskilometer seit Januar sollten sich bewähren, ich musste nicht aus dem Sattel gehen und die letzten 12 km machten mir sogar eine gewisse Freude.


Nicht aus dem Sattel gegangen, doch aus der Hose gesprungen bin ich, als wir beim Vermieter in Ischia Stadt einrollten. Mit zurechtgerückter Sonnenbrille und angeborenem norditalienischen Temperament (linksrheinisch Geborene sind schließlich alle irgendwie Römer) fragte ich wenig dezent nach, was der junge Herr wohl glaube, wofür ich eigentlich die 50 Euro auf den Tisch gelegt hätte. Um zunächst einmal bei allen drei Rädern selbst die Reifen auf einen fahrbaren Druck auf zu pumpen? Um mich mit zwei falsch eingestellten Gangschaltungen herum zu schlagen? Um gleich zwei elektrische Totalschäden mit Muskelkraft aus zu bügeln? Und was er wohl meine, was sein Part an diesem Geschäft sei. Kleinlaut versuchte er mir noch irgendwie zu erklären, solch ein Akku halte 15 km und..... da riss mir dann endgültig der Geduldsfaden. Den halben Mietpreis forderte ich zurück und er könne felsenfest daran glauben, dass ich mir nach diesen Mühen auch nicht zu schade dafür wäre sämtliche Bewertungportale aufzusuchen und dort die passenden Worte zu finden. Der eilig hinzugerufenen Chef bot dann noch einen weiteren Verleih für den nächsten Tag an, was wir dankend ablehnten. Am Ende gab es dann tatsächlich Geld zurück. Satz und Sieg!



Noch ein kurzer Einkaufsbummel auf Ischia, dann wartete auch schon die Fähre. Zwei Junge testosteronstrotzende Italiener auf dem Deck waren im Selfiewahn. Dem einen deutete ich, er habe seinen Hosenstall offen, was eine umgehende Kopfrötung bei dem einen und eine unglaubliche Schadenfreude bei dem Anderen hervorfief. Seltsam, ähnliches hatte ich erwartet. Auf dem Nachhauseweg gab es an einer Luke allerfeinste Pizza Diavola, zubereitet von einem wahren Künstler im Umgang mit Hefeteigklumpen, schon das Zuschauen machte Spaß. Dann nur noch den Berg runter rollen lassen und ins Bett fallen....herrlich.




Freitag, 24. März 2017

Wenn bei Capri die rote Sonne...



Ich war noch niemals in Italien, zwar schon auf der anderen Seite, aber noch niemals in Italien. Möglicherweise erschien es mir bisher etwas langweilig nach Italien zu fahren, man kann ja in die Pizzeria oder zum Eismann gehen, aber schon nach wenigen Stunden kann ich guten Gewissens sagen: Diese lang gehegte Einstellung war falsch.


Vier Uhr fufzisch klingelte der Wecker. Unchristlich - ich ließ mich nach langer Zeit einmal wieder dazu verleiten die Snooze Funktion zu betätigen. Nutzt ja nix, raus muss man irgendwann trotzdem und eigentlich war ich ja auch gespannt, schließlich war Procida, die keine Insel im Golf von Neapel ein Geburtstagsweihnachtsschatzigeschenk. S-Bahn zu Helmut Schmidt, Flieger zu Konrad Adenauer, Kaffeepause. In den Alpen liegt Schnee, in den Abrutzen auch, linker Hand ziehen die Doppelspitzen des Vesuv vorbei, der Flieger setzt sanft auf und es ist Frühling. 21° sind eine Steigerung von 18° in 7 Stunden, ich bin begeistert, der Pinscher auch. 


Erst mal Hupen (möglicherweise aus purer Lebensfreude) und dann fröhlich drauf los fahren (eine Hand breit Platz ist immer) - der Verkehr in Neapel lässt meine Atem stocken. So etwas habe ich noch nie gesehen, selbst in Albanien fährt man im Vergleich gesittet. Die achtspurige Straße ist dicht, Carabinieri, Transparente, Großdemonstration. Die mitfahrenden Italiener verlassen fluchtartig den Bus, wir bleiben. Wer aussteigt verliert, wo sollten wir auch hin mit unseren Rollkoffern? 10 Min später war der Spuk vorbei und der Busfahrer schaukelte uns ungefähr dort hin, wo wir theoretisch hin wollten. Die Fähre bot nur Innenplätze mit Videoberieselung und Schulklassengekreische, wie schade, bei strahlendem Sonnenschein hätten wir uns das anders vorgestellt. 


Procida, endlich Procida. Jetzt nur mal eben mit dem Rollkoffer übern Berg. Unsere Hütte liegt jenseits im Fischerhafen. Die Gassen sind eng. Autos fahren grundsetztlich mit eingeklappten oder abgefahrenen Rückspiegeln - die Normalstellung würde die Begegnung mit einem Fußgänger nicht zulassen. Grobes Pflaster, am Ende nur noch Treppen. Der kleine Fischerhafen ist auf Rädern nicht erreichbar, nur wasserseitig per Boot oder über verwinkelte Treppen. So hatte ich mir das vorgestellt. 


Unser Appartement, in einem rosafarbenen Haus über dem Kai (man könnte von unserem Balkon aus angeln) erwies sich schnell als gänzlich wohnuntauglich. Alles was ein Appartement zum Wohlfühlen haben sollte fehlte eigentlich - bis auf diesen genialen sonnigen Balkon mit dem herrlichen Blick auf alles was hier unten interessant ist. Eigentlich müsste man diesen Balkon überhaupt nicht verlassen und könnte nach einer Woche trotzdem von einem Erlebnisurlaub sprechen. 


Noch schnell was essen und dann endegelände. Der Tag hatte es in sich. Die Nacht begann mit rumpelnden Schiffsdiseln und ging dann zu kreischenden Möwen über. All das störte nur am Rande, genau wie fehlende Decken und zu kleine Kissen, nach mehr als 20 Stunden und 2000 km nimmt man es wie es kommt. 


Am Morgen beehrte ich die Bäckerin. Mir fiel sogleich eine große Zahl elektrinfizierter Klappräder mit, den hiesigen Verhältnissen angemessenen, Monsterreifen auf. Der Entschluss, in den nächstenTagen solch wundervolle Verkehrsmittel auszuleihen stand schnell fest. Frühstück auf Balkonien - eine Wucht! Danach Siesta, zwischendurch Kaffee, der Trend geht zur Zweitsiesta. Viel mehr war heute nicht zu reißen. Dem Pinscher war es genehm, er scheint verwirrt und ist unruhig. Möglicherweise ist er ja doch zu alt und zu krank für solch anstrengende Reisen?t


Das bei Capri die rote Sonne im Meer versinke ist jedoch, so habe ich heute Abend ermittelt, eine Erfindung der deutschen Schlagerindustrie und hat nichts mit den Begebenheiten vor Ort zu tun. Es wundert mich indes nicht weiter. Versucht doch einfach mal zu singen: " Wenn bei Ischia die rote Sonne im Meer versinkt, ziehn die Fischer mit ihren Booten....." na? merkt ihr was? 




Sonntag, 19. März 2017

Brevet

Brevet kommt aus dem französischen und heißt Prüfung. Es geht im groben darum, eine Strecke in vorgegebener Zeit zu bewältigen. Angemeldet, den Obolus für den Veranstalter entrichtet, begibt man sich zur Startzeit allein, zu zweit, im Rudel auf den Kurs, durchläuft die angegebenen Kontrollpunkte und erreicht irgendwann vor Ablauf der Zeitfrist das Ziel. Kein Rennen, keine Zeitnahme, keine Platzierung, Allure Libre, wie der Franzose sagt, just for Fun, oder um es sich zu beweisen. Für mich war das vorangehende "soll ich oder soll ich nicht" alleine schon eine Prüfung. Selbstverständlich folge ich meinem allerersten Impuls des Sollens, wozu eigentlich immer die Zweifel, wenn man es dann doch macht?

Foto: Audax Club Schleswig-Holstein von 2000 e.V. 



  • Vier Uhr fünfzig: eine Amsel schmettert von draußen ans Fenster, so laut, dass sie den prasselnden Regen locker übertönt.
  • Fünf Uhr zwei: ich gebe auf, schleiche in die Küche und werfe die Kaffeemaschine an. 
  • Fünf Uhr vier: der Hund steht auch auf, 
  • Fünf Uhr sechs: der Hund guckt komisch und hat Pipi in den Augen 
  • Fünf Uhr acht, ich schiebe zwei Toasts in die dafür vorgesehenen Schlitze
  • Fünf Uhr neun, Hund guckt wieder normal
  • Fünf Uhr zehn, der Wecker klingelt, auf dem Weg ihn aus zu schalten trete ich,  in eine lauwarmen See
  • Fünf Uhr zwölf, Pott Kaffee und zwei Nutellatoasts 
Hallo Tag!



Aumühle, wenig südöstlich von Hamburg gelegen ist der Startort, in der Bahn kein Radfahrer, an der Anmeldung nichts los, jemand schimpft über die generelle Unfähigkeit von Wetter-Apps, so wenige Starter waren es selten.
  • Sieben Uhr dreißig, bestellte Unterlagen in Empfang nehmen
  • Sieben Uhr fünfunddreißig, Kaffee, gucken, in meiner Gewichtsklasse werde ich der Champ sein, das steht schon fest
  • Acht Uhr, es regnet immer noch
  • Acht Uhr drei, warme Worte zum Start
  • Acht Uhr fünf, mein verabredeter Mitstreiter trifft ein
  • Acht Uhr sechs, Go!
  • Acht Uhr acht, igitt ist das naß, wir beschließen die, mit in den Wind gestellten Schulterblättern ,vom Wettergott bevorzugten Renradfahrer erst einmal ziehen zu lassen.
Auf der Schleuse in Geesthacht offenbart sich Eckart, wie das mittlerweile aufgezogene Sturmtief heißt, mit einer ersten Kostprobe. Zwar würde es den Regen hinwegfegen, jedoch blies es heftig die Elbe hinauf. Die böigen Breitseiten waren beängstigend, auf dem viel zu schmalen Radweg, zwischen Leitplanke und Brückengeländer. 

Foto: Audax Club Schleswig-Holstein von 2000 e.V. 

Der Wind pustete uns die Elbe hinauf. Erste Plattfüße am Straßenrad, so ist man dann nicht mehr ganz hinten und ich lobte still die neu erstandenen Pannenschutzeinlagen. Langsamer minus ein Mal flicken ist schneller, so die Berechnung. In Bleckede wies die Karte eine Verpflegungmöglichkeit aus. Wir nahmen die Andere, ein Antiquitätencafé mit Blick auf das Wochenmärktchen. Bei frischen Brötchen und heißem Kaffee beobachteten wir draußen den Kampf mit herabfallenden Dachziegeln und wegfliegendem Gastronomiemobiliar. Unsere Liegeräder hatten sich derweil in stabiler Seitenlage verkeilt und boten keinen Grund zur Beunruhigung. 


Es folgte ein recht schöner, mir bislang unbekannter Abschnitt des Elberadweges, bis Darchau. Vom etwas erhöhten Ufer hatte man, bei noch fehlendem Grün, eine sehr schönen Blick über naturnahe Elbauen. Lange allerdings, durfte man den Blick nie von der Fahrbahn abwenden, der Sturm hatte im Wald schon sichtbar gewütet. Die Teilnahmeunterlagen dienten auch als Fahrschein für die Elbfähre. Die überfahrt war ruppig, dem vernehmen nach wurde der Verkehr bald darauf eingestellt. 


Die 215 km lange Marathonstrecke, die ab Neu Darchau dem Elbverlauf weiter folgen würde, war Wetterbedingt nicht mehr Thema. Wir befuhren, mit 60° Seitenneigung den schnurgeraden neuen Radweg bis Neuhaus. Dort war klar: Schluss mit lustig. Zwei Esel, zottige Exemplare der weltweit größten Eselrasse (wie eine Schautafel verriet) mit riesigen Köpfen, lenkten unsere Aufmerksamkeit auf sich, waren dem Ohrenkraulen nicht abgeneigt und dehnten die Trink- und Müsliriegelpause angenehm aus. Was zeichnet Esel eigentlich gegenüber Pferden aus? Offensichtlich die gute Figur, die sie bei Windstärke 9 machen. Von jetzt an würde es, bis zum Ziel, gegen den Wind an gehen. 


Wie schön die Landschaft doch ist, dachte ich mir, während ich mich behutsam mit 12-14 Stundenkilometern auf dem Sude-Deich gegen den Wind stemmte. Behutsam weil Eckart dazu neigte, einen vom Deich zu fegen. Mein Mitfahrer, deutlich schmächtiger und leichter als ich, hatte sichtbar mehr zu kämpfen. Immerhin schien die Sonne ab und an und eilige Wolkenfetzen unterstützten das schöne Landschaftsbild. Die Oberschenkel fühlten sich, an wie Ballons, das Gesäß schmerzte auch irgendwann. - muss ja. Was ist denn die Alternative? Zu Hause aus dem Fenster schauen? In der Ferne war schon der Hafenkran von Boizenburg auszumachen. 


Sonnenschien, ein windstiller Innenhof, Kaffee und auf Empfehlung der Bedienung, Schwarzwälder Kirsch. Ich frage gerne mal: "Was würden Sie denn essen?" Mit den Pausen verhält es sich jedoch so: sie müssen der Situation stets angemessen sein. Zu lange? Zu viel gegessen? Das geht schnell nach hinten los. Auch bei unserer zweiten Pause fanden wir das rechte Maß und fanden schnell wieder in den Trott. Vierzig Kilometer noch, das war absehbar zu schaffen.


Handicap eins, die steile Rampe am Elbhang in Boizenburg, hinauf zur ehemaligen Grenze, Handicap zwei, immer noch Gegensturm. Mein Begleiter konterte meine Suggestivfrage: "Verdammte Scheiße, was ist das jetzt?" als uns eisiger Regen ins Gesicht peitschte, trocken mit: "Illegaler Regen!" Wie schon erwähnt, es gab auch jetzt keine Alternative zu aussitzen und weiter fahren. 


Siebzehn Uhr neun, Zeileinlauf. Hallo! da! 143 km, 9 Stunden, trotz widriger Bedingungen noch gut in der Zeit. Suppe, wahlweise vegetarisch oder mit Tier, ein Bier, wahlweise mit oder ohne Droge und zum Nachtisch ein Stückchen Käsekuchen. Laune bestens, Brevet kann man machen, fühlt sich gut an. Die Saison hat ja nicht einmal angefangen, da geht noch was. 





Samstag, 11. März 2017

Kleinere Brötchen backen




"200 km schafft man immer" - so der Tenor beim letzten Liegeradstammtisch. Ich hatte da so meine Zweifel, wollte dem aber nicht ungeprüft widersprechen. Am kommenden Samstag steht die Frühjahrsbegegnung des Audaxclub Schleswig-Holstein ins Haus, eine Fahrradclub der auch den hiesigen Liegeradfahrern eine Heimat bietet. Eine Möglichkeit zum Saisonbeginn eine schnelle gemeinsame Runde zu drehen. Ob Mensch und Ausrüstung schon den Anforderungen gewachsen sind, wollte ich bei einer Testrunde ergründen. 



Vorweg: Das (neue) Material war perfekt. Die Jacke winddicht und warm, die in England bestellten Schuhe saßen perfekt und auch am Ende meiner Runde tat nichts weh im Schuh. Selbst der mir ungewohnte, aber beim Brevet obligatorische, Helm ruhte bequem dort wo er hingehört. 

Über die Elbe bis knapp an die Nordheide, der Hannoverbahn folgend bis kurz vor Lüneburg, quer rüber zur Elbe, auf der Fähre in Hoopte die obligatorische Jahresflatrate lösen und dann noch auf einen schnellen Kuchen zum Hofladen Stender in Moorfleet - soweit der Plan. 




....und dann war da noch der Faktor Mensch. Schon vor Bardowiek schwächelte ich ein wenig. Kurz in der Sonne liege wurde ziemlich lang, aber offen gestanden auch sehr schön, nach dem langen Winter. Am Elbdeich in Tespe erwischte es mich dann böse: ein Krampf im Oberschenkel. Ich weiß nicht, ob man sich das vorstellen kann, mühevoll brachte ich das Zweirad noch zum stehen, den rechten Fuß auf dem Boden, unter mir der Sitz, über mir der Lenker und das linke Bein hoch in die Luft gestreckt, unfähig es anzuwinkeln. In dieser prekären Stellung verweilte ich geraume Zeit ohne so recht eine Idee davon zu haben, wie ich da raus kommen könnte. Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass mir ganz bestimmt niemand zusieht, habe ich mich dann einfach umkippen lassen. Geht doch! :) Nach ein paar vorsichtigen Schritten war der Krampf dann auch überwunden und ich konnte mit verminderter Leistung weiter fahren. 


Übel war der Gegenwind, Stärke 7-8 sagte die Wetter-App, bergauf fahren ist ein Vergnügen dagegen, den Berg sieht man wenigstens. Unterhalb der Stauschleuse in Geesthacht war Hochwasser, die Fressbude am Zollenspieker war schon in Sicherheit gebracht worden. Beim Fährmann beschwerte ich mich über die Größe der Fahrkarte. "Det is jut Jung, denn haste wenigstens büschen wat in dein Portemonnaie" - ok, so kann man das auch sehen. 



Kuchen hieß die Rettung. Ich konnte schon wirklich nicht mehr, dachte zwei Stücke schaden heute nicht. Langsam wurde es schattig, doch die letzten 10 km sitzt man meist auf einer Arschbacke ab. Am Wasserturm in Rothenburgsort machte es dann Zisch! Muss das denn wirklich sein, 4km vor zu Hause, ich war fassungslos, mir war kalt und es wurde dunkel. Da hilft nur das "Maschinenprogramm" machen, stoisch machen, nicht denken. Warum kommen eigentlich immer so viele lächelnde Spaziergänger vorbei, wenn man gerade platt gefahren hat?


Zu Hause angekommen erst mal die verschwitzten (und derweil ausgekühlten) Klamotten runter, heiß baden, essen. Niesen, Knieschmerzen, das bloße Sein war mir schon zu viel. Aufrappeln, mit dem Hund raus, das ging. Warm eingepackt, langsam, in der alterschwachepinscher Geschwindigkeit durch stille Seitenstraßen schleichen, das passte gerade gut. 

Meine erste Aktion heute: Reifen mit absolut uncoolen Pannenschutzeinlagen ausstatten und für die Frühjahrsbegegnung anmelden, aber kleine Brötchen backen, 150 km, für den einen oder anderen Marathon kommt im Sommer noch die Zeit.