Freitag, 22. September 2017

Alter Schwede


Einen Tag vor der Reise kam Lotte zu uns, so wurde es im April schon besprochen. Zeit und Muße wollten wir haben, das quirlige Bolonka Zwetna Mädchen kennen zu lernen. Tatsächlich - man hätte es ahnen können, war die Sache ausgesprochen turbulent und aufregend. Schon die letztendliche Wahl des Urlaubszieles, Schweden, war von Lotte bestimmt. Den ursprüngliche Plan, nach Norwegen zu reisen, hatten wir, aufgrund der schwierigeren Einreise mit Hund, irgendwann verworfen. 


Ich hatte bei der Planung diesen Pipilangstrumpfsommer im Kopf. Felder, Wiesen, Seen, Holzhäuser, Sonne - alles da, bis auf den Sommer. Beim alljährlichen großen Urlaubs-, Wohnmobil, Hunde- und Sonstigeterminepuzzle kristallisierte sich als Zeitraum für die Reise ab dem letzten Augustdrittel heraus. 


Die Hoffnung stirbt zuletzt. Nein, nicht das wir einen verregneten Urlaub gehabt hätten, im Gegenteil, aber es war Herbst in Skandinavien. Der Wind blies, Wolken eilten über den Himmel, ab und an tröpfelte es ein wenig und manchmal war es auch Sonnig und warm. Insgeheim hatte ich mir mehr erhofft. Die Vorteile darf man jedoch auch nicht verschweigen. Auf der Autobahn kamen uns Kolonnen von Wohnmobilen Richtung Süden entgegen und gefühlt hatten wir Schweden für uns alleine. 


Täglich fanden wir ohne große Mühe einen Stellplatz wie wir ihn so lieben. Weit und breit kein Mensch, himmlische Ruhe oder alternativ Meeresrauschen und kreischende Möwen. Intuition, Google Maps und ein wenig Ausdauer führten immer zum Ziel und die Ansprüche waren wahrlich hoch. Einen Campingplatz haben wir in den drei Wochen  nicht vermisst. Nach kurzem "eingrooven" klappte das mit dem Ver- und Entsorgen reibungslos und ein "Örtchen" findet man in Schweden überall. 


Unsere Reiseroute führte van Hamburg aus gradeweg nach Norden, dann über Fyn und Saeland nach Malmö, Ystadt stand auf dem Plan. Der weithin karge Insel Öland widmeten wir ein paar Tage, bevor wir tief in den Wald bei Oskarhamn fuhren. Kontrastprogramm dazu gab es in Stockholm. Der um diese Jahreszeit schon verlassene Göta-Kanal hatte unsere Aufmerksamkeit. Fjorde und Schären an der Westküste, Göteborg, Kungsbacka, und dann wieder Fyn, diesmal an der nordöstlichsten Spitze. 


Schweden ist nie umwerfend, aber durchweg lieblich und die Menschen kühl freundlich. Vielleicht war das auch der Grund, warum es uns wieder so Weit getrieben hat. Da muss doch noch etwas kommen, da muss doch noch was sein? Nein, man sucht vergeblich und hat doch schon alles was man braucht. Auch diesmal sind wir wieder in die Fernwehfalle getappt. Erlebnishunger vs. Erholungsbedürfnis - wir haben leider wieder verloren. 


Die Küsten sind endlos lang, und irgendwie überall schön, einen einsamen See findet man immer hinter der nächsten Kurve und Trollverhexten Wald gibt es auch mehr als genug. Die Städte sind gemütlich aber auch lebendig und modern - nach 4.000 km wissen wir es, aber hätten nicht auch 2.000 gereicht? Hätte ich nicht doch lieber noch ein paar Stunden länger in der Sonne sitzen sollen und ein Buch lesen oder aufs Meer schauen. Ja! aber ich bin einfach ein hoffnungsloser Vagabund.


Lotte war unser großes Glück auf der Reise. Quirlig, lernfreudig, erschreckend selbstständig, reisetauglich, witzig, lieb, genügsam. Sie muss wohl gedacht haben, das Leben ist ab jetzt eine große Reise. Nach drei Wochen jedenfalls, wußten wir schon recht genau, wo der Hase längsläuft und wo wir unbedingt noch dran arbeiten müssen. Die Trauer um Joschi ist auch jetzt noch nicht überwunden, aber wir freuen uns über einen tollen neuen Hund. 


Schweden, das Land, das das Bargeld abgeschafft hat, das Land der gemütlichen Landstraßen, das Land der Kanelbullar, das Land der Millionen Bademöglichkeiten, das Land von Kurt Wallander und der Plumsklos ich habs in mein Herz geschlossen und muss irgendwann noch mal mit Fahrrad, Zelt und Minimalgepäck hier her, um noch näher am Land zu sein. 



Für die nächste große Reise droht der Zwiespalt. Lofoten, die einsamen, die schönen, und ein weiteres Mal auf den Sommer verzichten? Oder doch endlich wieder irgendwo hin, wo man von der Sonne gestreichelt wird? Für mich alleine hätte ich die Entscheidung schnell gefällt.









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